Sonntag, 4. August 2019

Draisine Ausflug im Weinviertel - Neues von der WaghalSIG


Liebe Fans der WaghalSIG!

Zunächst kann ich Erfreuliches berichten. Die WaghalSIG wird von Alfred Singer weitergeführt. Ich, Gwen, werde ebenfalls hin und wieder Veranstaltungen durchführen, wenn ich im Inland bin. Das bedeutet, dass wir für euch in Zukunft hoffentlich einige spannende Veranstaltungen anbieten können. Euer Enthusiasmus und eine möglichst rege Teilnahme ist essentiell für die erfolgreiche Weiterführung der SIG. Feedback, neue Ideen und Mundpropaganda sind wunderbar.

Erratum: Ich habe unabsichtlich überall Waldviertel statt Weinviertel geschrieben. Keine Ahnung wieso - ich war nach dem Ausflug offenbar schon eher müde. Dies wurde dank aufmerksamen Lesens von Tassilo nun korrigiert. Danke!

[NÖ]: Draisine fahren im Weinviertel

Ich wollte immer schon mal...

Hinter diese drei Punkte können viele von uns eine ganze A4 Seite an Träumen schreiben. Die harte Realität - Todes- und Krankheitsfälle - lehrt uns: Setze dir eine Deadline für jedes Vorhaben, sonst machst du es nie.

In diesem Sinne trafen sich zwei Nichtmensaner und eine Mensanerin, um etwas Neues auszuprobieren, was sie noch nie in ihrem Leben gemacht hatten. Auch wenn der Adrenalin-Aspekt diesmal eher im Hintergrund stand, war das zentrale Leitmotiv der WaghalSIG - etwas völlig Neues auszuprobieren und Spass zu haben - erfüllt. Da der Termin eher spontan angesetzt war, fanden sich diesmal keine Mensa-MitstreiterInnen.

Da es preislich fast keinen Unterschied machte und wir den Ausflug sportlich gestalten wollten, mieteten wir eine Draisine für die gesamte Strecke von Ernstbrunn nach Asparn an der Zaya und retour. Hierfür füllt man online ein Buchungsformular aus und erhält eine Bestätigung per e-mail. Auf einer Draisine können bis zu vier Personen Platz nehmen, von denen zwei fahren und zwei sitzen. Bis zu drei Draisinen können aneinander gekoppelt werden. Für einen Tagesausflug zahlt man im Weinviertel € 67.- pro Draisine.

Matthias gabelte uns in Wien Floridsdorf auf und chauffierte uns nach Ernstbrunn, wo der Draisinenbahnhof recht leicht zu finden war. Es war recht wolkig - würde es zu regnen beginnen? Nach der Anmeldung stiegen wir auf die Draisine und bekamen eine kurze Einschulung. Auf den ersten paar Metern machten wir sicherheitshalber eine Bremsprobe. Diese wurde bestanden - es konnte losgehen! Ich machte es mir auf dem Zuschauersitz gemütlich. Georg und Matthias traten kräftig in die Pedale, und die Draisine setzte sich in Bewegung.

Rund um uns öffnete sich die wunderschöne hügelige Landschaft des Weinviertels: Äcker, Maisfelder, Sonnenblumenfelder, grüne Wiesen und Wälder. An uns zogen aufgelassene Haltestellen, kleinere Ortschaften und Siedlungen, blühende Gärten und sanfte Hügel vor einer Variation an Pastellblautönen vorbei.


Das Gelände war recht eben: teils ging es leicht bergauf, teils leicht bergab. Schon bald wünschte sich Matthias eine Gangschaltung. Bergauf kam man ganz schön ins Schwitzen, weshalb wir dazwischen eine kurze Pause einlegten. Man darf pausieren, soviel man will - allerdings muss man darauf achten, die Draisine immer mit ein bis zwei Steinchen am Wegrollen zu hindern. Bergauf ist es aus Sicherheitsgründen wichtig, sitzen zu bleiben und nicht im Stehen zu treten, wie man das vom Fahrrad kennt. Unterhalb des Pedals ist keine Schutzfläche, sondern nur Schiene. Würde man vom Pedal abrutschen, könnte man sich daher leicht verletzen.

Eine Draisine verursacht ziemlich viel Lärm, dafür war es rundherum abgesehen von gelegentlichem Strassenverkehr sehr ruhig. Auf der Strecke kreuzt man mehrmals die Bundesstrasse sowie ein paar selten befahrene Landwirtschaftswege. Da die Draisine gegenüber anderen Fahrzeugen Wartepflicht hat, mussten wir vor Kreuzungen immer stehenbleiben. Zu Sicherheitszwecken befindet sich vor der Kreuzung eine Zwangsbremse. Diese Bremse ist eine gelbe Schiene in der Mitte des Gleises, die mit einem Hebel abgesenkt werden muss, damit die Draisine passieren kann.


Nach und nach wurde es wärmer und sonniger, und bald sahen wir die Draisinenalm auf unserer rechten Seite. Wir beschlossen, am Rückweg dort einzukehren. Die Draisinen ein paar anderer Gäste waren am Gleis vor unserer geparkt. Wie überholt man auf einem einspurigen Gleis? Da eine Draisine ca. 150 kg schwer ist und weder besonders einfach aus dem Gleis gehoben werden kann noch darf, wird das Tauschprinzip angewendet. Man übersiedelt mit seinen Siebensachen auf die erste Draisine in der Schlange und setzt einfach mit dieser die Fahrt fort.

Einer der meiner Meinung nach schönsten Streckenabschnitte eröffnet sich kurz nach der Draisinenalm, der Grüne Dom. Wenn die Sonne das grüne Blätterdach mit ihren Lichtstrahlen veredelt, ist das ein magischer Anblick. Ungefähr ab hier rollt es sich sehr komfortabel Richtung Asparn. Das leicht abschüssige Gelände sollte später wieder durch reine Muskelkraft erklommen werden - ich war bereits neugierig, wie anstrengend die Rückfahrt werden würde.

Um die Mittagszeit erreichten wir den Bahnhof in Asparn an der Zaya. Dort parkten bereits ein paar Draisinen für die Nachmittagsfahrer sowie das Schienentaxi, das diese von Mistelbach nach Asparn an der Zaya transportiert. Auch ausrangierte Züge und eine alte Weichenstopfmaschine waren hier abgestellt.



Nun hatten wir viel Zeit, da der Rückverkehr erst ab 13:30 freigegeben wird. Wir spazierten durch die Stadt, genossen ein ausgezeichnetes Mittagessen im Café Cine im Filmhof Wein4tel, besuchten den Shop des Urgeschichtemuseums MAMUZ und tobten uns auf dem Kinderspielplatz daneben aus. Dabei entstanden ein paar herrliche Schnappschüsse.

"I feel so fucking alive!" (Front 242 - Punish Your Machine)
Foto: Georg Jajus

Mit einem Eis vom Bahnhofsgreissler waren wir für die Rückfahrt gestärkt. Jetzt durfte ich endlich fahren! Natürlich wurde ich von Georg tretkräftig unterstützt. Bergauf war das auch dringend notwendig: dank routinierter Hometrainer-Nutzung würde ich den Tretwiderstand auf der Strecke Asparn - Draisinenalm auf ca. 100 W - pro Person! - schätzen. Vermisst habe ich neben der von Matthias erwähnten Gangschaltung auch einen Aerolenker, auf dem man die Unterarme ablegen kann. Während des Bergauftretens war ich sehr dankbar dafür, dass wir alle eher schmal gebaut sind. Um uns zusätzlich zu motivieren, spielte Georg den Kraftwerk-Klassiker Tour de France für uns. Das half tatsächlich ausgezeichnet. Unterwegs konnten wir ausserdem ein paar hoppelnde Feldhasen beobachten.

Kurz vor der Rückfahrt am Bahnhof in Asparn an der Zaya

Schneller als erwartet waren wir wieder bei der Draisinenalm angelangt. Zuvor hatten sich Regenschauer mit vereinzelten Tröpfchen angekündigt. Als wir uns gemütlich bei Radler und Cappucino ausruhten, begann es aus Strömen zu schütten. Ebenso ergab sich folgende lustige Situation:

Touristin: "Do you have a dustbin... garbage can..?"
Verkäuferin (versteht nicht, was sie meint)
Touristin (probiert es wieder): "A trash can?"
Verkäuferin (immer noch verwirrt)
Gwen (schreit aus dem Off): "Mistkübel!!"
Verkäuferin: "Mistkübel?" (zeigt der Touristin einen Mistkübel)
Touristin: "Yes!! A Mistkübel!"

Wir beschlossen, noch ein bisschen abzuwarten, ob der Regen vielleicht nachlassen oder komplett aufhören würde.

Die stolzen Maschinisten: Gwen, Georg und Matthias
Foto: Georg Jajus

Nach etwa einer Viertelstunde hatte es tatsächlich fast aufgehört, zu regnen. Wir wischten unsere Sitze trocken und setzten die Fahrt fort. Hier wurde das Terrain angenehmer, es ging phasenweise leicht bergauf, dazwischen aber auch bergab. Die Gleise waren nass, weshalb ich hin und wieder mehr bremste, um auf Nummer Extrasicher zu gehen. Die konstante Bewegung hielt Georg und mich warm, während Matthias zu frösteln begann. Bald wurden die vereinzelten Tröpfchen mehr und es begann nach und nach, zu schütten.

Als Exilösterreicherin in Schweden fand ich den Regen - und vor allem das weiche Licht, das die Umgebung in feine Pastelltöne tauchte - romantisch. Eine Einschätzung, die der am Passagiersitz frierende Matthias nicht ganz teilen konnte. Kurz vor Erreichen des Ziels sahen wir es blitzen und hörten recht nahes Donnergrollen. Bei Gewitter auf der Fahrstrecke sollte man eine Draisinen-Notrufnummer wählen und sich von den Schienen entfernen. Wir waren jedoch bereits knapp vor dem Ziel und legten einen Schlusssprint ein. 

Tour de Weinviertel, Tour de Weinviertel...

Wir waren alle erleichtert, wieder gut in Ernstbrunn angekommen zu sein. Nach der Rückgabe der Draisine zog sich Matthias in einem WC/Umziehwagon trockenes Gewand an. Das brachte ihn auf die Idee, dass man einen Wagon als Wohnwagon umfunktionieren könnte, da dieser sehr geräumig ist. Solange man damit nicht auf Urlaub fahren will...

Am Handelskai verabschiedeten wir uns von Matthias und liessen den Tag danach mit einer Bierverkostung im isländischen home café beim alten AKH ausklingen.

Fazit: Draisinenfahren ist lustig und für fast alle geeignet. Eine gewisse Grundfitness sollte man mitbringen, vor allem, wenn man die gesamte Strecke hin und retour fahren will. Auch für Triathleten, die einmal Abwechslung beim Training haben möchten, ist Draisinenfahren eine lohnende Alternative. Landschaftlich ist die Weinviertler Strecke ein Traum. Wer besonders ambitioniert ist, kann sich nicht nur im Weinviertel, sondern auch bei Oberpullendorf sportlich verwirklichen. Eine weitere Strecke, die Carnuntum Draisine, wurde leider permanent geschlossen, da dort die Fahrbahnschäden zu gross sind und eine Renovierung nicht leistbar wäre.

Solltest du Draisinenfahren auch einmal probieren wollen, wünschen wir dir gute Fahrt!

Hier geht es zum Draisinenvideo auf YouTube.

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