Mittwoch, 25. Mai 2022

Riesenrad einmal anders: Plattform 9

 Am 22. 5. 2022 war es endlich wieder so weit: Zeit für eine neue Veranstaltung der WaghalSIG! Diesmal, da es zeitlich nicht so einfach zu koordinieren war, nur mit einer Teilnehmerin (Gwen) und zwei Zuschauerinnen (Elena und Mariia-Alisa). Zum 125-jährigen Jubiläum des Wiener Riesenrades haben sich die Betreiber:innen etwas Neues einfallen lassen: Statt in einer Standard-Fahrkabine kann man nun auch ganz frei, auf einer Glasplattform stehend, die Fahrt antreten. Das Gefühl sei so wie damals, als die Höhenarbeiter* ohne jegliche Sicherung an der Konstruktion des Riesenrades arbeiteten - heute dank AUVA natürlich undenkbar, und auch die Plattformgäste sind der heutigen Zeit entsprechend mit Klettergurt gesichert. Cool, dachte ich mir, das muss ich unbedingt ausprobieren. Das Online-Bestellen des Tickets klappte problemlos. Nur der Preis ist mit 89 € nichts für knappe Kassen. 

Pünktlich um 14:00 sind wir vor Ort, um 14:40 soll es losgehen. Auf Anfrage ist es sogar möglich, dass Elena und Mariia-Alisa im an die Glasplattform angrenzenden Wagon mitfahren. Laut Ticketinfo soll ich mich an den regulären Fahrgästen in der Schlange vorbeischummeln, bis ich zu den Betreuer:innen der Plattform 9-Gäste komme - das funktioniert einwandfrei, obwohl sie mich auch ausgerufen hätten. Der Betreuer begrüßt mich und erklärt mir alles: Fotos mit Handy machen nur in speziellen, für die Mitnahme geeigneten Hüllen erlaubt, Ballast (Rucksack) solle ich am besten am Boden lassen. Ich hatte vergessen, Sportschuhe mitzunehmen, aber zum Glück sind Flip-Flops auch ok. Mit dem Unterschreiben eines Haftungsausschlusses sind die Formalitäten erledigt. Ich bekomme einen rotschwarzen Klettergurt angelegt, an dem zwei ca. 50 cm lange Seile angebracht sind, jeweils eines rot bzw. schwarz, die mir von hinten nach vorne über die Schulter hängen und je einen Karabiner am oberen Ende haben. Nun warten wir, bis die Plattform am untersten Punkt ankommt und zugänglich wird.

Es kann losgehen! Mein Guide fährt auf der Plattform mit und hilft mir beim Einsteigen. Nach dem Betreten hänge ich mich mit einem Karabiner und dem schwarzen Seil an einem Drahtseil oberhalb meines Kopfes ein, entlang dessen ich bis zu meinem Stehplatz gehen kann. Da leider sonst niemand an diesem Tag zu dieser Uhrzeit Zeit hatte, habe ich freie Platzwahl. Um in alle Richtungen gut sehen zu können, wähle ich den Stehplatz in der Mitte, hänge mich dort mit dem roten Seil ein und überprüfe, dass der Karabiner gut zugeschraubt ist. Elena und Mariia-Alisa nehmen in der angrenzenden Kabine Platz.

Das Riesenrad rollt in gemächlichem Tempo in die Höhe. Trotz eines Brandes 1944 und ein paar nachgenieteten Stellen ist das Eisengerüst im Wesentlichen heute noch dasselbe wie im Jahr der Eröffnung 1897. Aus Angst, dass es nach dem Brand an Stabilität verloren haben könnte, wurde damals aber die Zahl der Wagons von ursprünglich 30 auf 15 halbiert. Daran wurde später nichts mehr verändert - und die Aussicht ist freier.

Von der Plattform aus habe ich bereits ab den ersten Minuten gute Sicht auf die 430 Tonnen schwere Eisenkonstruktion, von der knapp 245 Tonnen in Bewegung sind. Das Wetter ist sonnig-heiter und die Aussicht auf Wien hervorragend. Zunächst sehe ich vor allem die anderen Fahrgeschäfte des Wiener Praters und das schöne Grün der Lunge des 2. Bezirks. Bald sehe ich bis zum Donauturm, Millenium Tower, Messeturm, Augarten, Stadion... Auch der Blick hinunter ist spektakulär: dank der Glasplattform sehe ich auch alles unter mir, zum Glück habe ich keine Höhenangst. Ich probiere aus, wie viel Spielraum ich habe, lege mich ins Kletterseil. Mehr als etwa einen halben Schritt in jede Richtung ist es nicht. Hinter dem Praterstern sehe ich bis zum Leopoldsberg und Kahlenberg.

Am höchsten Punkt, auf 64 m Höhe, habe ich Glück und wir bleiben verhältnismäßig lange stehen, bevor es bergab geht. Elena und Mariia-Alisa winken mir zu und machen Fotos, während der Guide Wissenswertes über das Riesenrad erzählt und meine neugierigen Fragen zu weniger alltäglichen Gebäuden ("Ist das das Kraftwerk Simmering?") geduldig beantwortet. Als die Plattform schließlich wieder unten ankommt, hätte ich auch nichts dagegen, noch zwei- oder dreimal zu fahren. Ich hänge mich wieder aus, bekomme meine Sachen zurück und bedanke mich für die schöne Fahrt. Wir lassen den Tag mit ein paar anderen Attraktionen ausklingen.

Fazit: Einmal ist es definitiv das Geld wert - weniger wegen des Adrenalinkicks, das war eher einer für Einsteiger:innen, sondern eher wegen des tollen Panoramas und um den Wiener Prater / das Riesenrad einmal aus einer anderen Perspektive zu erleben. Ursprünglich war die Attraktion nur für ein Jahr geplant, bei ausreichend Interesse könnte sie aber verlängert werden. Am besten noch heuer ausprobieren. Für kleinere Budgets und größere Adrenalinkicks sind z. B. der Turbo Booster oder die Black Mamba ein Tipp - schöne Aussicht und Schwerelosigkeit, manchmal eben aus Fledermausperspektive, aber ab € 5 ist man dabei.

Ich hoffe, dass wir bei der nächsten Veranstaltung für alle einen passenden Termin finden werden. Ein Besuch im Kletterpark steht z. B. auf der WaghalSIG-To Do-Liste, aber wenn DU eine Idee hast, gerne her damit - am besten einfach via quaksi4@gmail.com melden. Über den WaghalSIG-Verteiler (auf der Mensa Österreich-Homepage eintragen) bist Du immer am neuesten Stand und kannst auch direkt Fragen stellen oder Vorschläge machen. Die WaghalSIG sieht sich als überregionale SIG und versucht, auch Events in anderen Bundesländern als Wien anzubieten. 

Ich hoffe, wir sehen uns bald!
Eure Gwen






*nicht gegendert, damals waren das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (leider) nur Männer. Mittlerweile gibt es auch Höhenarbeiter:innen, eine gut bezahlte und spannende Arbeit - am besten lässt sich eine handwerkliche Ausbildung (z. B. Elektriker:in) mit der Höhenarbeit kombinieren. You go, women and diverse people!

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